Ausgabe 2
 

Internetzeitschrift des VSSP

Hinweis: Diese Infomedium Ausgabe 2 entstand im Jahr 2008. Zwischenzeitlich hat sich der Name des Verbandes von VSSPS e.V. zu VSSP e.V. geändert. In diesem Beitrag verwendete Namen, Links und Email-Adressen können sich inzwischen verändert haben.


Inhalt von Ausgabe 2:

  • Bietet eine reine Sozialphobie-Gruppe Vorteile gegenüber einer allgemeinen Angst-Gruppe?
  • Verband der Selbsthilfe Soziale Phobie u. Schüchternheit (VSSPS)
  • Ergebnisse des Fragebogens des Netzwerks, Teil 2: Körper, Sexualität,Partnerschaft


 


 


SelbsthilfegruppenThema: SP-Grupppen
Bietet eine reine Sozialphobie-Gruppe Vorteile gegenüber  
einer allgemeinen Angst-Gruppe?

 

 

 

Eine Suche im Internet nach Selbsthilfegruppen (SHGs) zum Thema Soziale Phobie zeigt, dass es viele SHGs allgemein zum Thema "Angst" gibt. Auch Kombinationen wie "Angst und Depressionen" oder sogar Titel wie "psychische Leiden" sind nicht selten.

So kann der Eindruck entstehen, dass im psychischen Bereich viel weniger Unterschiede gemacht werden als im körperlichen. Vermutlich käme wohl niemand auf die Idee, z.B. eine SHG "Baucherkrankungen" anzubieten. Bei körperlichen Leiden ist es ganz selbstverständlich, genauer zu unterscheiden.

Weshalb ist dies im psychischen Bereich anscheinend oft nicht so? Liegt es vielleicht daran, dass in der Bevölkerung das Wissen um die Unterschiede psychischer Problemfelder (z.B. die verschiedenen Angststörungen, Zwänge, Depressionen) nicht sehr groß ist?

Wenn jemand eine SHG zum Thema Soziale Phobie sucht, muss er sich möglicherweise mit der Frage auseinandersetzen, ob er lieber in eine solche spezielle Gruppe geht oder in eine allgemeine zum Thema Angst.


Obwohl natürlich jede Selbsthilfegruppe unterschiedlich ist und stark von den einzelnen Teilnehmern geprägt wird, möchten wir hier einmal der Frage nachgehen, welche Vorteile beide Arten von Gruppen jeweils für einen Sozialphobiker haben können.


Argumente für eine SHG allgemein zum Thema Angst:

Weil die Mitglieder einer solchen Gruppe sich in ihrer Problematik deutlicher unterscheiden, kann der Bereich "Angst" aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden. Dies hat den Vorteil, dass Betroffene sich nicht gegenseitig im gleichen Leid bestätigen und (in ungünstigen Fällen) fixieren. Jede/r erlebt die eigene Angst individuell anders. Es bleibt aber trotzdem eine Solidarität über das Grundthema Angst bestehen. Unterschiedliche Lösungsansätze kommen zusammen, und es ist leichter zu erkennen, dass sie dem eigenen Problemfeld aktiv anzupassen sind.

Außerdem sind Betroffene in ihrer Problematik häufig auch nicht nur einem Angst-Thema zuzuordnen. Oft hat jemand z.B. neben sozialphobischen Ängsten auch agoraphobische oder andere. Hierfür ist in einer derart gemischten Gruppe Platz.

Weiterhin ist es wahrscheinlicher - gerade im ländlichen Bereich und in kleineren Städten - dass die Gruppe überhaupt die erforderliche TeilnehmerInnenzahl erreicht, weil sich mehr Betroffene angesprochen fühlen. Hier ist es also u.U. besser, eine eher unspezifische Gruppe zum Thema Angst zu haben, als ganz auf die Unterstützung durch eine Selbsthilfegruppe verzichten zu müssen.


Was spricht für eine spezielle Sozialphobie- Selbsthilfegruppe?

Eine Sozialphobie-SHG kann sich ausführlicher mit den Auslösern und Inhalten der Sozialen Phobie befassen. Alle haben das gleiche Thema und können sich dadurch schneller austauschen und leichter in den anderen einfühlen. Man kann den "inneren Angst- Dialog" besser verstehen, den wohl jeder Betroffene nur zu gut kennt: das gedankliche Hin- und Herwälzen von Situationen, die Gefühle von Abwertung, Scham und Minderwertigkeit auslösen.

In einer allgemeinen Angst-Gruppe ist so ein tieferes Verständnis schwieriger, weil nicht-sozialphobische Menschen diese inneren Dialoge kaum nachvollziehen können. Die "Schnittmengen" zwischen den Betroffenen sind dort kleiner. Deshalb ist es wahrscheinlicher, dass man sich in einer allgemeinen Angst- SHG auf allgemeine Konzepte im Umgang mit Angst im Alltag konzentriert, also weiter gefasste verhaltenstherapeutische Strategien, die Angst zu bewältigen und ihr nicht völlig das Steuer zu überlassen (was natürlich bei jeder Angststörung wichtig ist zu lernen).

Zu geringe Teilnehmerzahlen sind letztlich ein ganz einfaches Argument für allgemeinere Gruppen. In Paderborn (ca. 140.000 Einwohner) mit einem Einzugsgebiet unserer Gruppe von ca. 50 km im Umkreis machen wir die Erfahrung, dass jederzeit genügend Interessierte und Teilnehmer vorhanden sind für unsere sozialphobie-spezifische Gruppe.

Natürlich favorisieren wir als VSSPS spezielle SP-Gruppen, wollen aber hier mit einem Pro und Contra für beide Gruppen-Typen eine Diskussion anregen.

(JPW, MK)

 


 


Ein Verband für die Selbsthilfe
VSSPS

 

 

 

 

Geleitet von dem Gedanken, die Selbsthilfe im Bereich Soziale Phobie und Schüchternheit zu stärken, haben sich sieben Selbsthilfe-Engagierte zusammengetan und Ende November 2008 den Verband der Selbsthilfe Soziale Phobie u. Schüchternheit www.vssps.de gegründet.


Was will der Verband?

Den Gründungsmitgliedern, alle mit langjähriger Erfahrung im Bereich der Selbsthilfe, fehlte bisher eine Struktur,
  • die sich unabhängig von kommerziellen Interessen bundesweit in der Öffentlichkeit einsetzt für die Selbsthilfe im Bereich Sozialer Phobie/ Schüchternheit
  • die direkt von der Selbsthilfe getragen ist und
  • die Betroffene an bestehende Selbsthilfe-Angebote (Initiativen und Selbsthilfegruppen) weiterleitet.

Der Verband arbeitet an 5 Punkten gleichzeitig:

1. Öffentlichkeitsarbeit
Angesprochen werden die Bevölkerung allgemein, Medien, Institutionen und im Gesundheitswesen Tätige wie Ärzte, Psychologen, Berater, Kliniken und Krankenkassen.

Ziel ist:
  • das Störungsbild Soziale Phobie bekannter zu machen
  • auf die Vielfalt bestehender Selbsthilfeaktivitäten aufmerksam zu machen
  • Konzepte der Zusammenarbeit zwischen Institutionen/ Personen im Gesundheitswesen und der Selbsthilfe zu erarbeiten und zu fördern

2. Vernetzung
Der Verband fördert Austausch und Vernetzung zwischen bestehenden Selbsthilfe- Institutionen im Bereich Sozialer Phobie.

3. Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen
In Zusammenarbeit mit den Selbsthilfegruppen wird Informationsmaterial erstellt.
Anfragen von Betroffenen werden an die SHGs weitergeleitet.

4. Anlaufstelle für Betroffene
Es wird Informationsmaterial bereitgestellt, und die Betroffenen werden herangeführt an die verschiedenen Angebote von Selbsthilfe- Institutionen. So können sie z.B. erfragen, wo sich die nächste Selbsthilfegruppe in ihrer Nähe befindet.

5. Wissenschaftliche und inhaltliche Arbeit
Es werden Positionspapiere und Veröffentlichungen erarbeitet zum Thema Soziale Phobie mit dem Schwerpunkt effiziente Selbsthilfe.



Mitglieder des Verbands

Der Verband wirkt gemeinnützig und stützt sich auf die ehrenamtliche Arbeit seiner Mitglieder.

Mitglieder können sein:
  • Vertreter von Selbsthilfe- Institutionen (z.B. Informationsanbieter, Foren, Blogs, Netzwerke etc.) im Bereich Soziale Phobie, darüber hinaus auch allgemein im Bereich "Angst/ Angsterkrankungen"
  • engagierte Einzelpersonen, die eine Interessens- und Aufgabenvertretung für den Verband übernehmen.

Der Verband ist ausdrücklich eine Arbeitsgemeinschaft, die sich für die Interessen Betroffener in der Öffentlichkeit einsetzt.

Fördermitglieder unterstützen den Verband v.a. durch einen regelmäßigen materiellen Beitrag. Die Unterstützung kann auch z.B. darin bestehen, Räumlichkeiten für Versammlungen oder technische Hilfsmittel o.Ä. zur Verfügung zu stellen.

Gründungsmitglied im Verband VSSPS sind:

  • Gerhard Schick (Vorstandsmitglied der Deutschen Angst-Selbsthilfe (DASH)
    http://www.panik-attacken.de/ )
  • Julian Kurzidim (Vorstandsmitglied des Intakt e.V. http://www.schuechterne.org )
  • Johannes Peter Wolters (Mit-Initiator des Netzwerk-Selbsthilfe-Soziale Phobie)
  • Dr. Detlef Degner, Arzt für Psychiatrie, Göttingen wissenschaftlicher Beirat
  • eine Ärztin für Psychotherapie, Koblenz
  • ein Vertreter der Selbsthilfegruppen-Ebene, Paderborn
  • Jan Poenighaus, Betriebswirt, Minden

Im wissenschaftlichen Beirat ist:

Dr. Detlef Degner, Göttingen


Der Vorstand setzt sich zusammen wie folgt:

  • Julian Kurzidim, Braunschweig
  • Jan Poenighaus, Minden
  • J. Peter Wolters, Höxter


Welche Vorteile bietet der Verband für Selbsthilfegruppen (SHGs) und andere Initiativen (Informationsseiten, Foren, etc)?


Der Verband ist eine ganz eigenständige Institution und setzt sich engagiert ein für die Selbsthilfe in der Öffentlichkeit und allgemein für die Betroffenen.

Das bedeutet für die Selbsthilfegruppen, dass Anfragen von Betroffenen an den Verband von diesem an die SHGs weitergeleitet werden. Der Verband erstellt Informationsmaterial und bietet es den Gruppen an, und diese wiederum können Ideen, Wünsche und Konzepte zur Öffentlichkeitsarbeit an den Verband herantragen.

Wir möchten schlechte Erfahrungen, wie sie teilweise aus anderen Verbänden bekannt wurden, von vorneherein vermeiden. Es ist uns daher wichtig zu betonen:

Der Verband übernimmt eine direkte Interessenvertretung stellvertretend für Selbsthilfegruppen oder andere Initiativen nur, wenn er hierfür ausdrücklich von der jeweiligen Initiative beauftragt worden ist. Dies gilt insbesondere für alle inhaltlichen und finanziellen Belange von SHG's und anderen Initiativen.


Auf der Internetseite www.vssp.de wird es regelmäßige Informationen geben für Betroffene, Selbsthilfe- Initiativen, Presse usw..
Außerdem werden wir Kontakt pflegen zu den Selbsthilfegruppen im Bereich Soziale Phobie sowie zur Presse.
Grundsätzlich, aber erst recht in dieser Aufbauphase, sind wir sehr interessiert an Rückmeldungen. Bitte an folgende Email- Adresse: info@vssp.de

(JPW, MK)

 


 


Ergebnisse des Fragebogens "Soziale Phobie" des Netzwerks, Teil 2: Körper, Sexualität, Partnerschaft

Auszug (2) aus dem Artikel "Ergebnisse eines Fragebogens zu Sozialer Phobie- 200 Fragen und Antworten von Betroffenen für Betroffene".

Der vollständige Artikel ist erschienen in der "Deutschen Angst- Zeitschrift" (DAZ) Heft 42 (August 08).



Ausschnitt aus dem Fragebogen:

 

Fragebogenbild

 

600 Teilnehmer (309 Frauen und 291 Männer) füllten von November 2005 bis Dezember 2007 den Fragebogen aus. Alle geben Symptome Sozialer Phobie an, 197 eine entsprechende Diagnosestellung durch einen Therapeuten. Der Altersdurchschnitt liegt bei 28 Jahren (von 14 bis 59). Es ist anzunehmen, dass die Mehrheit "zufällig" auf das Angebot dieses Fragebogens gestoßen ist, auf einer Internet-Suche nach Informationen zum Thema Soziale Phobie allgemein oder zum Bereich Selbsthilfegruppen.

In der ersten Ausgabe unseres Infomediums erschien der erste Auszug aus dem Fragebogen zum Thema "körperliche Bewegung/ Sport und SP".

 

Teil 2: Körper, Sexualität, Partnerschaft

Ein Schwerpunkt der Fragen bezog sich auf den Bereich "Körper und Sexualität". Die Anonymität des Internet mag hier die Antwort-Bereitschaft positiv gefördert haben. Die abgefragten Felder sind:
  • Sportliche Aktivität
  • Entspannungstechniken
  • Körperempfindung
  • Körperkontakt
  • Pubertät
  • Sexualität
  • Geschlechter - Rollen-Identität

Hier eine Auswahl wichtiger Ergebnisse:

Empfinden von Berührungen im Kindesalter

Etwa ein Drittel der Teilnehmer erinnert Berührungen früher Bezugspersonen als negativ-
Diagramm (1).

Berührungen früherer Bezugspersonen
Diagramm 1

Der Körperkontakt zur Mutter wird mit 2,9 und der zum Vater mit 3,7 "benotet" (1 = sehr angenehm; bis 5 = sehr unangenehm).

Als Erwachsene fühlen sich 31 % in ihrem Körper gut und wohl, 18 % antworten "neutral" und 51 % fühlen sich "unwohl" bis "sehr unwohl". Auch ohne Vorliegen von direkten Vergleichswerten aus der Gesamt-Bevölkerung erscheinen diese Ergebnisse auffällig "belastet".



Sexualität u. Partnerschaft

Gefragt nach dem heutigen Umgang mit Sexualität, antworten nur 25 % der Befragten mit einem positiven Bezug.

Einer der eher seltenen deutlichen Antwortunterschiede zwischen Frauen und Männer bei der gesamten Befragung überhaupt ergibt sich in puncto Partnerschaften:
27 % der Frauen, aber 44 % der Männer haben keine Partnerschaft- Diagramm (2).

Sinnlichkeit/ Sexualität
Diagramm 2


Zunächst nicht so zu erwarten: Dort aber, wo Sexualität er-/gelebt wird, empfindet eine Mehrheit diese als eher angenehm. Ein Hinweis darauf, dass in erster Linie negative Erwartungsängste und ein Mangel an sexuellen Erfahrungen vorliegen.

Wir haben danach gefragt, ob die Teilnehmer einen Zusammenhang sehen zwischen eigener (Un-)Sicherheit beim Thema Körper/Sexualität und ihren sozialphobischen Ängsten und Vermeidungstendenzen.
Eine eindeutige Mehrheit bei Frauen und Männern hat diese Frage bejaht- Diagramm (3).

Zusammenhang Körper - SP
Diagramm 3

(JPW, MK)

 

 


 

Liebe Leser,

wir hoffen, euch hat das Infomedium gefallen und den ein oder anderen Anstoß gegeben.

Wir freuen uns, wenn ihr uns durch eine Mitgliedschaft unterstützt. Einen Mitgliedsbeitrag erheben wir nicht. Infos zur Mitgliedschaft im VSSPS findet ihr unter http://www.vssps.de/mitgliedschaft.

  

 



Redaktion: J. Peter Wolters (JPW)
                  Marita Krämer (MK)

Wir freuen uns über Rückmeldungen, Kritik, Verbesserungs- und Themenvorschläge zum Infomedium.

Kontakt:
 


InfomediumSoziale Phobie (ISP) Ausgabe 2, Dezember 2008
© VSSPS 2008
 

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